PRioN Protein: gruseliger geht kaum

Das Prion Protein ist absolut einzigartig. Und dabei nicht so sehr, wegen seiner Funktion im gesunden Organismus, sondern weil es furchtbare Krankheiten auslösen kann. Das allein wäre noch nicht einzigartig. Viele Gene bzw. die entsprechenden Proteine können ursächlich für schwere Erkrankungen sein, wenn sie in unüblicher Variante im Genom codiert sind. Beim Prion Protein gibt es aber den bisher einzigartigen Mechanismus, dass auch die gesunde Form des Proteins, die von dem in nahezu allen Menschen normal vorliegenden Gen kommt, einen krank machen kann, wenn es sich mit der kranken Variante des Proteins ansteckt.

Im Bereich der Infektionserreger kennen Biologen und Mediziner – je nach Einteilung – etwa 5 Klassen: Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen (das sind tierische Einzeller) und größere tierische Erreger, wie zB Würmer. Als es erste Hinweise darauf gab, dass im Falle der Prionen nur ein „nacktes“ Protein allein eine Infektion veruraschen kann, konnte man dies zunächst kaum glauben. Heute ist dies relativ unumstritten.

Was ist das Prion für ein Protein und was für ein Gen codiert dafür? Das Gen heißt PRPN (kurz für Prion Protein) und liegt auf dem kurzen Arm des Chromosom 20. Es wird vor allem im Zentralnervensystem abgelesen, dort liegt das Protein also in größeren Mengen vor. Was das Protein dort genau für eine Aufgabe erledigt ist immer noch nicht restlos geklärt, vermutlich ist es am Transport von Ionen durch die Zelle beteiligt. Diese und etwaige andere Aufgaben werden also von der gesunden Version, einfach PrPC genannt, erledigt. Das Protein, auch wenn es nach Vorlage der gleichen DNA-Sequenz umgeschrieben wurde und also aus exakt derselben Abfolge von Aminosäuren aufgebaut ist, kann allerdings auch ein wenig anders gefaltet sein, dann nennen wir diese Form PrPSC. Das SC steht dabei für Scrapie, auch Traberkrankheit genannt, eine Tierseuche, die bereits seit dem 18. Jahrhundert bekannt ist und hauptsächlich Schafe befällt. Natürlich wusste man damals noch nichts über den Erreger.

Zu Beginn des 20. Jahrunderts wurde außerdem eine Gruppe seltener humaner Erkrankungen beschrieben und unter dem Namen Creutzfeldt Jakob Diesease (CJD) zusammengefasst. Dabei handelt es sich um eine schwere neurodegenerative Erkrankung, die innerhalb einiger Jahre unweigerlich zum Tod führt. Das Auftreten der Erkrankung ließ in einigen Fällen auch auf genetische, weil vererbbare Komponente schließen. Hinweise auf Übertragbarkeit gab es allerdings keine. Mitte des 20. Jahrhunderts dann beobachtete man beim Volksstamm der Fore in Papua-Neuguinea eine Häufung von Erkrankungen mit CJD-Symptomen; die Einwohner dieser Region bezeichneten die tödliche Krankheit als Kuru. In den 1960er Jahren stellt sich nun heraus, dass Gehirngewebe an Kuru verstorbener Patienten Schimpansen infizieren können und bald wurde klar, dass sich Angehörige des Fore-Stamms, der seit jeher rituellen Kannibalismus pflegt, sich durch den Verzehr von Gehirngewebe von CJD-Patienten ansteckten.

Nun, beim BSE-Ausbruch Mitte der 1980er Jahre in England verlief es vermutlich analog: Rindern wurde vermutlich Nervengewebe von an Scrapie erkrankten Schafen verfüttert, wobei sich die Krankheit erstmalig auf Rinder übertrug. Der Rest der tragischen Geschichte wird den meisten Menschen noch in Erinnerung sein. Der Verzehr von BSE-infiziertem Rindfleisch führte zu einer neuen Form der CJD in Menschen (new variant CJD, kurz nvCJD genannt), die über 200 Menschen das Leben kostete.

Wir wissen heute, dass gesunde Prionproteine (PrPC), sich nach dem Kontakt mit den „falsch“ gefalteten Proteinen (PrPSC), die – das musste sowohl der Stamm der Fore als auch die Europäer schemrzlich erfahren – leider durch die Nahrung aufgenommen werden können, ebenfalls falsch falten. Diese andersartig gefalteten Prion-Proteine aggregieren, das heißt sie bilden Klumpen und diese Klumpen wiederum sind auf Dauer tödlich für Nervenzellen. Das führt dazu, dass mehr und mehr Nerven absterben, das Gehirn sich also sprichwörtlich auflöst. Im Falle der nvCJD passiert dies zudem ungewöhnlich schnell, dass heißt auch in jungen Menschen passiert diese Neurodegeneration innerhalb von wenigen Monaten. In dieser Zeit baut ein Patient zunehmend Fähigkeiten wie Laufen, Stehen und Sprechen ab bis die Krankheit unweigerlich zum Tod führt.

Den Betroffenen hilft es leider nicht mehr, für den Rest der Bevölkerung ist der enorme Rückgang an nvCJD-Fällen positiv zu vermelden, sodass seit etwa fünf Jahren kein Patient mehr registriert wurde.

Theresa

Theresa

Theresa ist die Person hinter diesem Blog und immer noch die Autorin aller Artikel. Sie hat in molekularer Neuroentwicklungsbiologie promoviert und ist durchaus offen für MitsteiterInnen für dieses Blogprojekt. Wenn ihr also Lust habt mitzuschreiben, meldet euch bei ihr.

Das könnte dich auch interessieren …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Sie stimmen zu, indem Sie die Website weiter nutzen. Datenschutzerklärung